Hupen
Die Hupe ist das wichtigste Zubehörteil an einem indonesischen Fahrzeug, sei es Auto, Motorrad oder Bus. Wenn man in die Nähe einer Straße kommt, hupt es in allen Tonlagen, man sollte meinen, das gehört zur Grundausbildung in der Fahrschule.
Auf den ersten Blick (oder auf den ersten Hör?) sieht das Gehupe ziemlich planlos und willkürlich aus, jeder hupt dauernd durcheinander, ohne dabei nachzudenken. Nach einigen Monaten und einiger Teilnahme am Straßenverkehr (bisher aber nur als Beifahrer) bin ich dabei, das System des Hupens zu durchschauen und werde hier mal eine kleine Zusammenfassung der Situationen zu geben, in denen gehupt wird. Oder auch nicht gehupt wird, denn es gibt durchaus Momente, in denen ich mich frage: warum hupt da jetzt keiner?
Es gibt zwei Grundregeln: “wer zuerst hupt darf fahren” und “wer am lautesten hupt darf fahren”. Da aber jeder Fahrer dies so wahrnimmt, daß er zuerst und am lautesten hupt, fährt einfach jeder los und hupt noch mehr und noch lauter. Manchmal hilfts, manchmal nicht.
Des weiteren gibt es noch sowas wie “eingebaute Vorfahrt”, die insbesondere bei Bussen und LKWs eingebaut ist, die auf einmal auf die eigene Spur rüberziehen. Durch beständiges Hupen kann man diese aber zurückdrängen.
Warnen beim Überholen
Da der Verkehr hier -- wie schon in vorherigen Einträgen beschrieben -- nicht immer in korrekten (Fahr-)Bahnen verläuft, ist es angebracht, auf sich aufmerksam zu machen, wenn man ein anderes Fahrzeug überholen möchte. Besonders Angkots, die alle paar Meter halten, um Fahrgäste ein- und aussteigen zu lassen sind beliebte Ziele von Überholmanövern. Da das Angkot aber nie lange hält und meist genau dann anfährt, wenn man grade überholt, hilft ein beherzter Griff zur Hupe, schon weiß der Angkotfahrer bescheid. Auch wenn man an Motorrädern vorbeifährt, die etwas schlenkerig fahren oder man auf Schnellstraßen überholt: hupen hilf.
Hinweis auf grüne Ampeln
Der durchschnittliche Indonesische Fahrer hält sich zwar nicht unbedingt an Ampeln (lampu merah = Licht rot), aber manchmal dann eben doch. Und sobald die Ampel grün wird fangen alle, die sehen können, daß die Ampel grün ist, an zu hupen. Prinzipiell gibt es hier wohl was wie einen “grünen Abbiegepfeil”, man darf also jederzeit bei roter Ampel nach links (zur zu Hause: nach rechts) abbiegen. Oder man darf nicht, macht es aber. Und wenn man auf die Idee kommt es nicht zu machen wird man dementsprechend angehupt, bist man es doch macht. Übrigens: manche Fahrer, insbesondere Motorradfahrer, sehen bei roter Ampel sogar einen “grünen Geradeauspfeil”.
Fahrgastwerbung
Angkots, Busse, Taksis und was sonst noch so befördert werben gerne ihre Fahrgäste, indem sie langsam an Leuten vorbeifahren, die am Straßenrand stehen und nur entfernt so aussehen als könnten sie potenzielle Fahrgäste sein, dabei laut hupen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Vielleicht hat ja jemand total spontan Lust, mal irgendwo hinzufahren. Das Langsamfahren wiederum führt zu weiterem Hupern von Seiten der Autofahrer. Ist nur die Frage, wie die Leute, die am Straßenrand entlanglaufen merken sollen, daß das eine Gehupe unter tausend anderen jetzt von einem Angkot oder Bus kommt, das genau sie anspricht und nicht von irgend einem Auto, daß grade ein Motorrad überholt … dem gehe ich noch nach.
Weg da!
Wenn man abbiegen möchte, z.B. in die Einfahrt zum Kampus, aber da grade Angkots rumstehen, die auf Fahrgäste warten, hilft natürlich: hupen. Irgendwann bequemt sich ein Angkot, nachdem noch weitere zwei bis drei Fahrgäste eingestiegen sind, ein paar Meter vorzufahren.
Begrüßung
Gerne genutzt, wie hier in der Wohnsiedlung, um die Wachleute am Eingang zu grüßen. Manche kurbeln das Fenster runter, andere hupen. Leider wohne ich nur ca. 50 m vom Eingang entfernt, so daß ich das dann immer mitkriege. Besonders beliebt schon frühmorgens, wenn die Leute irgendwohin fahren und ich noch etwas schlafen möchte.
Nichthupen
Wenn man aus einer Querstraße auf eine etwas größere Straße fährt ist es eine ganz schlechte Idee, zu warten, bis so viel Platz ist, daß man rausfahren kann, dann kommt man nämlich nie voran. Stattdessen fährt man einfach los und drängelt sich nach und nach zwischen die fahrenden Autos. Auch wenn man rechts abbiegt (also quasi links, für die Daheimgebliebenen) und dafür die Gegenfahrbahn überquert und damit blockiert: hier hupt keiner, auch wenn man den Verkehr damit ziemlich aufhält.
Da die Hauptstraße meist durch einen Mittelstreifen getrennt ist, gibt es alle paar hundert Meter die Möglichkeit zu wenden, auch hier muß mann sehen, daß man irgendwie in den fließenden Verkehr der Gegenseite kommt. Je nach Autogröße kann es dann schon mal sein, daß man die komplette Fahrbahn blockiert, doch auch hier wieder: kein Gehupe, totale Stille.
Lichthupe
Nachts hört das Hupen natürlich nicht auf, es wird nur etwas leiser, da es durch die Lichthupe ersetzt wird. Lichtgehupt wird beim Überholen, beim normalen Fahren und auch sonst immer mal wieder, wenn Leute am Fahrbahnrand stehen. Könnte ja sein, daß die die normalen Autoscheinwerfer nicht gesehen haben und über die Straße laufen wollen. Das Äquivalent zur Dauerhupe tagsüber ist übrigens eingeschaltetes Fernlicht und/oder Nebelscheinwerfer nachts.
Tagsüber wird die Lichthupe auch gerne auf den Schnellstraßen eingesetzt, um die Spur freizubekommen, wenn dichtes Auffahren nichts mehr hilft und links (ergo: rechts) kein Platz zum Überholen ist.
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